Jaeger by Tania Carver

Jaeger by Tania Carver

Autor:Tania Carver [Carver, Tania]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Thriller
ISBN: 3471350977
Herausgeber: List
veröffentlicht: 2014-02-27T23:00:00+00:00


54 Als Tyrell die Augen aufschlug, stellte er fest, dass er ganz woanders war als erwartet.

Keine grauen Wände, keine vergitterten Fenster. Keine dünne Bettdecke. Nichts Vertrautes, keine Sicherheit. Nur überall Licht. Und ein Krampf, der sich wie Pflanzenwurzeln immer tiefer in seinen Körper hineingrub.

Er versuchte die Glieder zu strecken und sich aufzusetzen. Sein Rücken schrie vor Schmerz, also ließ er es lieber bleiben. Sah sich stattdessen um. Versuchte sich einen Überblick über seine Umgebung zu verschaffen. Sein Nacken tat weh. Durchs Fenster fiel Tageslicht herein. Bäume. Nebel. Ihm war, als könnte er den Nebel in seinen Knochen spüren. Seine Muskeln waren steif. Dann erinnerte er sich.

Das Auto. Sie hatten im Auto geschlafen.

Wenn man das überhaupt schlafen nennen konnte. Er war einfach irgendwann weggedämmert, halb vor Angst, halb vor Erschöpfung, und fühlte sich kein bisschen ausgeruht. Langsam fiel ihm auch wieder ein, wie sie hierhergekommen waren.

Sie hatten fliehen müssen. Die Frau hatte am Steuer gesessen, er auf dem Beifahrersitz, das kleine Mädchen hinten auf der Rückbank. Sie hatte geweint und geschrien. Tyrell konnte es ihr nicht verübeln, schließlich hatten sie mit ansehen müssen, wie ein grauer Riese im Garten aufgetaucht war, mit den Hunden gerungen und sie schließlich brutal getötet hatte. Dann war der graue Riese ums Haus gegangen und hatte Jiminy Grille erwürgt.

Sie hatten nicht abgewartet, bis er zu ihnen kam.

Sie waren in das silberne Auto gesprungen, das aussah wie eine Kiste, und waren davongerast, bis ihnen irgendwann das Adrenalin ausging und die Straße zu Ende war. Er hatte versucht, das kleine Mädchen zu beruhigen, hatte ihr gesagt, dass alles gut werden würde und dass sie nicht traurig sein müsse. Die Frau hatte ihn angefahren, er solle das Maul halten und aufhören, dem Balg Lügenmärchen zu erzählen. Da war ihm selbst nach Weinen und Schreien zumute gewesen.

Er unternahm einen weiteren Versuch, sich hinzusetzen, und bewegte sich diesmal ganz vorsichtig, damit sein Rücken nicht wieder streikte. Es gelang ihm tatsächlich, sich in eine aufrechte Sitzposition zu bringen. Er warf einen Blick nach hinten. Dort saß Josephina mit weit aufgerissenen Augen, starr vor Angst. Sie hatte die Hände zwischen die Schenkel gepresst.

»Geht’s dir gut?«, fragte er sie.

»Pipi … Ich muss Pipi …«

Erneut sah er sich um. Die Frau saß mit zurückgelehntem Kopf auf dem Fahrersitz. Ihre Augen waren fest geschlossen, der Mund stand offen. Sie schlief.

»Na, dann komm …«

Er öffnete die Wagentür und streckte seine steifen Beine. Josephina schaffte es, selbständig die hintere Tür zu öffnen und ins Freie zu klettern. Dann sah sie ihn fragend an, als wisse sie nicht, was als Nächstes zu tun war.

»Na, los, geh einfach da hinten zwischen die Bäume«, sagte er. »Keine Angst, ich warte hier auf dich.«

Sie gehorchte und lief davon.

»Nein, wie goldig.«

Er drehte sich um. Die Frau war ausgestiegen und stand neben ihm. Sie bot einen furchterregenden Anblick. Ihre Schminke war verwischt, und ihr Gesicht sah jetzt aus wie ein Flickenteppich. An einigen Stellen war die Haut rot und voller Krater, an anderen unnatürlich glatt. Sie sah aus, als wäre sie aus verschiedenen Resten zusammengenäht worden, von denen keiner so richtig zum anderen passte.



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